Schiene

Mit Verkehrspsychologie auf dem richtigen Gleis

Im Bereich des Schienenverkehrs leistet die Verkehrspsychologie einen unerlässlichen Beitrag zur Herstellung und Wahrung von Bahnsicherheit und stellt einen wichtigen Baustein dafür dar, dass Bahnfahren zur sichersten Form der Verkehrsmobilität gehört.

Zum einen befassen sich Verkehrspsychologen mit der Untersuchung von Bahnpersonal und helfen damit, geeignete Berufsanwärter aus einem Bewerberpool auszuwählen. Dabei beschränkt sich diese Auslese nicht nur auf Triebfahrzeugführer, denn im Schienenverkehr gibt es sehr unterschiedliche Berufsbilder. Verkehrspsychologische Unterstützung finden Betriebe bzw. Ausbildungsstätten auch in der Auswahl von Sicherungsposten, Zweiwege-Baggerfahrern und anderem Bahnpersonal. Zum anderen stehen Verkehrspsychologen den Bahnbediensteten mit Kriseninterventionsmaßnahmen zur Seite, beispielsweise in der Trauma-Bewältigung für Triebfahrzeugführer nach Zugunfällen durch Suizide.

Triebfahrzeugführer

Ein Triebfahrzeugführer trägt Verantwortung für das Leben von Fahrgästen, Kollegen im und am Zug sowie Bauarbeitern, die sich rund um das Gleis bewegen. Zudem werden insbesondere im Güterverkehr Waren mit sehr hohem Gesamtwert transportiert. Bei einem Unfall würden somit schnell hohe Kosten entstehen und im schlimmsten Fall sogar Menschen getötet. Ein Triebfahrzeugführer muss also hohe Anforderungen erfüllen. Dabei kommt sowohl den kommunikativen als auch den leistungspsychologischen Fähigkeiten eine besondere Rolle zu. Hervorzuheben ist hierbei die Fokussierung der vollen Aufmerksamkeit auf die Fahraufgabe, selbst über eine lange Zeit unter teils monotonen Bedingungen.

Entsprechend wichtig ist die Auswahl von geeigneten Personen für den Beruf des Triebfahrzeugführers. Hierzu führen Verkehrspsychologen mit den Berufsanwärtern tätigkeitsrelevante Leistungstests sowie Persönlichkeitstests durch. Darüber hinaus werden die Bereiche Motivation, sicherheitsrelevante Einstellungen und Substanzkonsum im persönlichen Gespräch erfragt, um zu einer fundierten Eignungseinschätzung zu gelangen.

In seltenen Fällen kommt es vor, dass Zweifel an der Eignung eines Triebfahrzeugführers für seine Tätigkeit entstehen, z. B. wenn das zuständige Eisenbahnbundesamt Kenntnis über Regelverstöße wie eine Trunkenheitsfahrt erlangt. Dann wird i. d. R. eine erneute Eignungsuntersuchung angeordnet, in welcher der Betroffene gemeinsam mit dem Verkehrspsychologen (und dem Verkehrsmediziner) versuchen muss, die Zweifel an seiner Fahreignung auszuräumen.

Alle Untersuchungen finden entsprechend der Triebfahrzeug-Führerscheinverordnung in der jeweils gültigen Fassung statt.

Zweiwege-Baggerfahrer

Da sich auch Fahrer von Zweiwege-Baggern im Gleis bewegen, gelten für sie entsprechend dieselben Anforderungen wie für Triebfahrzeugführer. Auch sie müssen sich vor Erteilung der Fahrberechtigung einer entsprechenden Einungsuntersuchung mit tätigkeitsrelevanten Leistungs- und Persönlichkeitstests sowie einem verkehrspsychologischen Gespräch unterziehen.

Sicherungspersonal (SiPo) und Sicherungsaufsichtskraft (SaKra)

Baumaßnahmen im und am Gleis sind gefährlich, da Bahnstrecken i. d. R. nicht komplett gesperrt werden. Daher müssen Bauarbeiter im Gleisbereich immer mit herannahenden bzw. vorbeifahrenden Zügen rechnen und besonders aufmerksam sein. Um ihre Sicherheit zu gewährleisten, werden bei Gleisbaustellen immer Sicherungspersonal (SiPo) und Sicherungsaufsichtskräfte (SaKra) eingesetzt. Ihre Aufgabe ist es, die Bauarbeiter vor herannahenden Zügen zu warnen, damit diese ihre Arbeit rechtzeitig unterbrechen und sich in einen sicheren Abstand zum Gleis begeben können. Der SiPo muss sich über lange Zeit konzentrieren können und darf seinen Posten nicht verlassen. Zudem muss er über gute kommunikative Fähigkeiten verfügen, um sich mit anderen SiPos, den Bauarbeitern und seiner zuständigen SaKra zügig und unmissverständlich verständigen zu können. Die SaKra muss zusätzlich gewährleisten, dass alle sicherheitsrelevanten Maßnahmen in der Gleisbaustelle entsprechend den Anweisungen und Vorgaben umgesetzt und eingehalten werden. Daher müssen sowohl SiPo als auch SaKra sehr verantwortungsbewusst und zuverlässig sein, weshalb auch hier der Auswahl der passenden Bewerber eine hohe Bedeutung zukommt. Hierzu führen Verkehrspsychologen neben tätigkeitsrelevante Leistungstests auch ein Gespräch zu Regeleinhaltung und sicherheitsrelevanten Einstellungen durch.

Alle Untersuchungen finden entsprechend der Schrift 753 des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen in der jeweils gültigen Fassung statt.

Sonstige Bahnbedienstete

Auch für die anderen Berufsbilder im Gleis sind z. T. Eignungsuntersuchungen vor der Einstellung (bzw. ggf. bei Eignungszweifeln) erforderlich, welche von Verkehrspsychologen durchgeführt werden. Die jeweilige Untersuchung wird dabei immer tätigkeitsspezifisch angepasst und berücksichtigt die relevanten Vorgaben der Triebfahrzeugführerschein-Verordnung bzw. der Schrift 753 des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen in der jeweils gültigen Fassung.