Wasser
Schifffahrtspsychologie
Kaum eine Verkehrsform ist so heterogen wie die Schifffahrt. Hochsee-, Binnen- und Sportschifffahrt unterliegen einer Vielzahl unterschiedlicher rechtlicher Regularien. Sie stellen auch ganz unterschiedliche Anforderungen an die handelnden Personen und können zu mannigfaltigen psychologischen Problemen führen.
Gewerbliche Schifffahrt
Die besonderen psychologischen Rahmenbedingungen zeichnen sich, insbesondere bei der Hochseeschifffahrt, durch das Zusammenleben unterschiedlicher Personen über einen langen oder längeren Zeitraum auf einem sehr begrenzten Raum aus. Ein nicht unwesentliches Problem stellt auch die häufig erlebte Monotonie durch routinemäßige Tätigkeiten dar, die aber durch technische Störungen oder Wettereinflüsse plötzlich unterbrochen werden kann und dann unvermittelt die volle Aufmerksamkeit und Leistungsfähigkeit erforderlich macht. Die eingeschränkten Möglichkeiten der Freizeitgestaltung führen ebenfalls zum Empfinden von Monotonie, zumal durch die immer kürzer werdenden Umschlagzeiten in den Häfen auch die Möglichkeiten einer Zäsur durch eine andere Umgebung und andere Begegnungen nur sehr begrenzt möglich sind.
Durch das Zusammenleben auf engem Raum kann daher es häufig zu Frustrations- und Aggressionserleben kommen. Hinzu kommt, dass die Kommunikation in der Mannschaft oft dadurch erschwert ist, dass die Crewmitglieder aus den verschiedensten Ländern mit einem unterschiedlichen sprachlichen und kulturellen Hintergrund kommen.
Die langen Trennungszeiten vom familiären und privaten Kontext führen gehäuft zu einer emotionalen und sexuellen Deprivation und viele Seeleute berichten über erhebliche Wiedereingliederungsschwierigkeiten, wenn sie nach großer Fahrt in ihren privates Umfeld zurückkommen.
Eine Besonderheit bei der Hochseeschifffahrt, im Unterschied beispielsweise zum Straßenverkehr, ist auch darin zu sehen, dass nicht eine einzelne Person das Schiff steuert, sondern dass hierfür verschiedene Funktionen und Personen zuständig sind und deshalb hohe Anforderungen an die Kommunikation und Koordination gestellt werden.
Dies alles zusammengenommen lässt erkennen, dass diese Personen häufig (verkehrs)-therapeutischer Maßnahmen und Beratungen bedürfen, zumal auch bekannt ist, dass bei dieser Personengruppe überzufällig häufig Burn-Outs auftreten. Es fehlt jedoch noch an spezifischen und gezielten Beratungs- und Therapiekonzepten, die an diese Personengruppe adaptiert sind und auch die Besonderheit längerer beruflicher Abwesenheitszeiten in Betracht zu ziehen.
Wassersport
Unter verkehrspsychologischen Gesichtspunkten spielen hier insbesondere kleinere Motorboote und Jet-Skis eine zentrale Rolle. Diese Fahrzeuge sind für die meisten Unfälle auf dem Wasser verantwortlich. Wie im Straßenverkehr auch sind junge Männer hier die häufigsten Unfallverursacher. Studien aus den USA und Australien zeigen, dass Alkohol und Drogen eine häufige Unfallursache darstellen. Auch die Anforderungen an die Führer dieser Fahrzeuge sind vergleichbar mit den Anforderungen an das Führen von Kraftfahrzeugen, da auch hier hohe Geschwindigkeiten erreicht werden, das Verkehrssystem durch den Wegfall von Fahrspuren und wesentlich weniger Regularien allerdings deutlich weniger strukturiert ist. Diese vermeintliche Freiheit lässt die Aufmerksamkeit sinken, lässt problematische Kollisionssituationen zu spät erkennen und führt schnell zur Überforderung.
Dieser Bereich wurde von der Verkehrspsychologie bisher noch kaum besetzt obwohl in diesem Kontext Informations- Beratungs- und Schulungsmaßnahmen dringend indiziert wären und insbesondere ein Problembewusstsein für die Risiken dieses Freizeitvergnügens entwickelt werden müsste.